Surviving Iceland – Eine Anleitung zum Überleben als Tourist in Island

Wir hatten in Island so einen Running Gag… Lena hat in einem ihrer Island-Reiseführer einen wunderbaren Satz gelesen, der so ähnlich gelautet hatte:

„Jeden Sommer sterben in Island viele Touristen.“

– Verstörende Sätze aus dem Reiseführer, Teil 263

Allgemein schwang in vielen Reiseführern der subtile Unterton mit, man könnte froh sein, wenn man so eine Islandreise lebendig überstehen würde. Ganz offensichtlich sind wir vier ziemlich coole Säue, denn wir haben alle überlebt! Ich hab auch noch alle Finger dran und kann tippen was das Zeuch hält! Damit auch ihr von unserem grenzenlosen Überlebensdrang profitieren könnt, habt ihr hier mal eine kleine Anleitung!

 

Ich packe meinen Koffer…

… und lasse alles daheim, das in irgendeiner Form „sommerlich“ ist. Ein junger Mann von unserem Autovermieter AVIS hat uns erzählt, die höchste je gemessene Temperatur in Island (also die allerhöchste! jemals!) waren 28°C. Fühlt sich auch so an (der gleiche junge Mann hat uns übrigens auch erzählt, dass die Isländer sich gerne über die Funktionskleidung der Touristen lustig machen; tragt trotzdem Funktionskleidung, sonst werdet ihr es echt bereuen!). Wir waren Anfang bis Mitte September dort, also knapp nach der Hochsaison, und die Temperaturen erstreckten sich von 4°C (in den nördlichsten Fjorden) bis 14°C (bei strahlendem Sonnenschein ganz im Süden). Darüber hinaus hats jeden Tag mal mehr mal weniger geregnet (wobei uns die Einheimischen alle zu dem fantastischen Wetter beglückwünscht haben…) und es war unfassbar unfassbar windig. Also, Regen + Wind + kalt = zuweilen recht unangenehm. Bemühen wir mal wieder das alte Sprichwort „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur die falsche Kleidung.“ Trifft auf Island definitiv zu. Ganz ehrlich: egal zu welcher Jahreszeit ihr hin fahrt, man kann nie erwarten durchweg gutes Wetter zu haben.

Je nachdem wie verfroren ihr seid, empfehle ich entweder eine warme Jacke oder eine normale Outdoorjacke mit Fleecepulli drunter (Kapuze!!!). In jedem Fall muss beides zumindest wasserresistent sein; wenn ihr hardcore seid und echt bei jedem Wetter draußen sein wollt, dann besser wasserdicht. Zusätzlich sei noch eine wasserdichte Drüberzieh- oder Wanderhose anzuraten. Meine Wanderhose ist leider nicht wasserdicht, weswegen ich bei krassem Regen einen Abend daheim geblieben bin, während die anderen einen Regenspaziergang gemacht haben. Mütze auch nicht vergessen, denn es ist (ich sagte es schon) echt windig und manchmal echt kalt und auch wenns nicht kalt ist, dann ist es trotzdem immer windig und zieht an den Ohren!

Auch habe ich mich von Frau Jule inspirieren lassen und mal die Variante „Wanderrock“ ausprobiert. Zwar mangelt es mir sicher nicht an Stoffen (echt nicht…), aber vor dem Urlaub habe ich lieber Babysachen für den Freundeskreis genäht und hatte dann gar nicht mehr so viel Zeit mir noch geeignete bequeme Röcke zu nähen. Stattdessen habe ich günstig zwei Jersey-Schlauchröcke gekauft und meinen Leggings-Bestand wieder aufgestockt. Ich muss sagen: Wanderröcke rocken! Zugegeben, zwei Leggings übereinander schmeichelt nicht so der Figur, aber ist irre bequem, sogar wesentlich bequemer als die olle Wanderhose! (Sofern es nicht höllisch regnet)

Auch ganz wichtig: Badesachen und im Idealfall noch Microfaser-Handtücher, falls ihr unterwegs mal in einen Hot Pot springen wollt (Achtung, auch dabei begebt ihr euch potentiell in Lebensgefahr! Mehr dazu gleich). Ja, ich weiß, Microfaser-Handtücher sind ätzend anzufassen, aber sie sind klein, kompakt, leicht und saugen richtig viel Wasser, sodass ich sie einfach immer im Rucksack gelassen habe, falls uns unterwegs mal ein Hot Pot über den Weg läuft.

 

Herumkommen

Geht eigentlich nur mit dem Auto. Es gibt keine Züge. Zwar existiert ein recht dichtes Netz an Buslinien, das die größeren Orte in Island verbindet, aber ohne Auto verpasst ihr so ziemlich alle Sehenswürdigkeiten unterwegs und könnt nicht einfach mal anhalten, wenn euch eine Ecke einfach den Atem verschlägt, und zwar so dolle, dass ihr einfach aussteigen und für immer dort bleiben müsst (geht aber nicht! ääätsch! Ihr Müsst irgendwann wieder heim, ins triste Deutschland und wieder arbeiten gehen!). Also, Auto: Wir hatten irgendeinen Mittelklassewagen von Suzuki oder Subaru oder so, immerhin mit Allradantrieb (was anderes geht halt in Island auch echt nicht), aber hätten uns nicht nur einmal eher einen Offroader gewünscht. Nicht dass wir offroad gefahren wären, ist nämlich auch hart verboten, aber manche „Straßen“ sind eher Schotterpisten mit elefantengroßen Schlaglöchern! Die Isländer selbst heizen da völlig schmerzbefreit mit 60km/h drüber, aber mit dem hübschen weißen Mietwagen und einer Selbstbeteiligung von 300€ sind wir lieber mit 20km/h dahingekrochen. Vermutlich werdet ihr das Problem nicht so oft haben, wenn ihr nur auf der Ringstraße um die Insel bleibt, denn die ist wohl durchgängig asphaltiert, aber sobald ihr ins Hochland oder in Richtung Fjorde unterwegs seid, wünsche ich euch nen guten Magen beim Buckelpiste fahren… Island Straßen Wo wir gerade von Selbstbeteiligung sprechen: Offenbar sind Steinschläge beim Mietauto nicht mitversichert (war bei AVIS der Fall und das Internet sagt ganz ähnliches), was aber im Hinblick auf die Schotterstraßen schon echt heikel ist. Wir haben uns dafür entschieden zusätzlich ein paar Euro zu investieren und eine Zusatzversicherung abzuschließen. Mietet euch unbedingt ein Navi mit! Viele Sehenswürdigkeiten oder Hot Pots sind am besten über Koordinaten erreichbar und für Google Navigation ist es manchmal netzmäßig zu heikel. Problem: der einzige Anbieter, der Karten von Island im Programm hat, ist offenbar Garmin. Also wenn ihr selbst über ein Garmin-Navi verfügt, dann könnt ihr euch auch einfach die Karte ziehen, ansonsten eben teuer mitmieten. Folgendes wäre unterwegs noch zu beachten: Ja, auf den Straßen ist nicht viel los und ja, die Landschaften sind ziemlich abgefahren schön. Aber das ist noch lange kein Grund einfach mitten auf der Straße stehen zu bleiben (am besten nach einem Hügel oder hinter einer Kurve). Vergesst nicht: Jeden Sommer sterben in Island viele Touristen! IMG_20150911_093115 Hier ist noch ein nettes Bild von unserem Mietwagen, der gleich am ersten Tag einen Platten hatte. Gott sei Dank waren wir am zweiten Tag in einer etwas größeren Ortschaft, in der es eine Autowerkstatt gab, die uns den Reifen in 15 Minuten repariert hatte. Puh!

Und noch ein paar ganz schlechte Methoden in Island voran zu kommen, bzw. vor allem ganz schlecht in den Fjorden: wandern und radfahren. Da ist es echt wirklich sehr windig, sehr hügelig oder bergig, es regnet echt viel und bewohnte Orte liegen teilweise wirklich sehr sehr sehr weit auseinander. Ein netter Hotelier hat uns erzählt, dass er mal auf einer Fahrt in die Fjorde drei Touristen vor dem Tod bewahren musste, einen, der auf seinem Fahrrad völlig durchnässt halb festgefroren war und zwei, die sich da im Wandern versucht hatten und wohl geringfügig die Entfernung und Hügeligkeit unterschätzt hatten.

Edit: Ok, nicht falsch verstehen: man kann in Island vorzüglich wandern! Geradezu traumhaft sogar! Aber es ist eben nicht als Hauptvorankommensmethode geeignet aus o.g. Gründen. Oder man ist halt hardcore, aber dann muss man auch wissen worauf man sich einlässt…

 

Essen und trinken

Im Internet kursiert irgendwo eine Liste mit den ekligsten Sachen, die man in Island essen kann (die Eule hats gefunden und wir mussten dann selbstverständlich ein paar Sachen davon probieren). Wenn man sich die Liste so durchliest, merkt man schnell, dass die Autorin selbst alles nicht eklig findet. Ist es auch nicht! Hier mal ein kleines Review über die Sachen, die wir ausprobiert haben:

Gammelhai: So nenne ich ihn, in echt heißt er Hákarl) und ist fermentierter Hai, der eigentlich giftig ist, aber durch die Fermentation genießbar wird. Hierfür wird der Hai in einem Erdloch verbuddelt und dann noch an der Luft getrocknet (oder so), was ihn ziemlich dolle stinken lässt. Schmeckt intensiv fischig, aber bei weitem nicht so grausam, wie man sich ausmalen würde. Die Konsistenz fand ich persönlich eher suboptimal, aber ich zähle hier nicht, da ich schon übermäßig empfindlich bin.

BRENNIVÍN: Der Nationalschnaps der Isländer, ein milder, lakritzig schmeckender Akvavit mit Kümmelaroma (sagt der Mann). Kann man gut den Gammelhai mit runter spülen 😉

Geysir-Brot: Es schmeckt süßlich und wird ohne Hefe, sondern nur mit Backpulver gebacken, aber trotzdem herzhaft mit Lachs oder geräuchertem Schaf belegt. Der Teig wird in einem Gefäß fest und dicht verschlossen und in unmittelbarer Nähe einer heißen Quelle verbuddelt. Hier „backt“ das Brot dann bei 80-100°C ca. 24 Stunden lang. War jetzt, nur mit Butter, wie wir es probiert haben, geschmacklich nicht so meins, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es mit geräuchertem Fisch sehr gut kommt.

Trockenfisch: Im Gegensatz zu Gammelhai, den es wohl nur noch bei denOld Folks gibt und für Touristen, wird Trockenfisch in großen Mengen in jedem Supermarkt verkauft und ist der Chips-Ersatz der Isländer. Die Männer waren ziemlich begeistert, Lena und ich fandens solala. Schmeckt nicht so schlecht, aber ewig drauf rumkauen sollte man nicht, da irgendwann der ganz intensive Fischgeschmack durchkommt. Und rülpsen ist später dann übrigens auch eher unangenehm. Außerdem stinkt der Fisch in der Tüte echt zur Hölle!

Allgemein ist alles ziemlich teuer in Island. Lebensmittel im Supermarkt sind schon ein wenig teurer als bei uns, aber besonders an den Geldbeutel geht’s in den meisten Restaurants. 15€ – 20€ pro Hauptgang sind keine Seltenheit, auch nicht für einfach Speisen, schließlich muss vieles importiert werden. Fisch ist hier verhältnismäßig (verglichen mit sonstigen Preisen) günstig und immer sehr frisch und lecker! Ich habe in Island die mit Abstand besten Fischgerichte meines Lebens gegessen.

Alkoholische Getränke sind schon eher problematisch. Wer schon mal in Skandinavien unterwegs war, kennt das schon, denn in Island ist es ganz ähnlich: der Staat hat das Monopol auf den Verkauf von Alkohol und die Steuern darauf sind grotesk! Eine Flasche BRENNIVÍN, die im Duty Free 20€ kostet, kauft man im Laden für über 100€. Das Bierchen zum Abendessen kostet gerne mal 8€. Macht es so wie wir: Kauft euch im Duty Free auf dem Hinflug ne schöne Flasche Gin und setzt euch Abends nach dem Essen noch zusammen ins Hotelzimmer und trinkt ein Gläschen Gute-Nacht-Gin Tonic. Tonicwater und Zitrone gibt’s auch in Island 😉

 

Achtung, Lebensgefahr!

Es ist mir fast ein wenig unangenehm das jetzt zu schreiben, denn ich halte meine Leser ja doch für einigermaßen clevere Leute (so wie ich! ha!), aber wir haben auf unserer Reise schon wilde Sachen gesehen und gehört. Folgendes solltet ihr echt dringend in eurem mentalen Island-Überlebensbuch abspeichern! Island Wandern Island Wandern Wasserfall Wandern, auf Felsen kraxeln und Wasserfälle hoch steigen nur mit Wanderschuhen! Ja, schon klar, weiß irgendwie echt jeder, dass man nicht mit Flipflops aufn Berg geht. Aber die alte Lady, die uns den glitschigen Aufstieg zum Wasserfall entgegen kam, mit Oma-Sandalen, Stützstrümpfen und Wollrock (bitte hier nochmal den ersten Punkt oben durchlesen), wusste das offenbar nicht und hat uns mächtig Angst gemacht. So wie ein paar Touristinnen am Vulkankrater, mit Ballerinas und Gucci-Täschchen in der Armbeuge, schön den Schotterhügel runter rutschten. Jaja, jeden Sommer sterben… na ihr wisst schon.

Baden nur in ausgewiesenen Hot Pots und nicht einfach in irgendwelchen heißen Tümpeln, die einem grad begegnen. Warum nicht? Habt ihr schon mal gesehen, wie Hummer zubereitet wird? Genau, darum nicht. Heiße Blubberquellen und Mini-Geysiere, egal wie niedlich und einladend sie aussehen, sind i.d.R. 80-100°C heiß. Hummer und so…

Autofahren und Wind… manchmal etwas unangenehm. In Sæfellsnes, einer Halbinsel südlich der Westfjorde, lag ein umgestürzter Wohnwagen mitten aus der Straße, vor dem Wegwehen gesichert durch einen Kubikmeter großen Betonklotz. Und in der Autovermietung wurden wir sehr eindringlich darauf hingewiesen immer entgegen dem Wind zu parken. Hat sich heraus gestellt, dass das ein guter Tipp war. Wenn es die Örtlichkeit mal nicht erlaubt sich entgegen dem Wind einzuparken, dann wirklich wirklich immer ganz vorsichtig die Türe öffnen und gut dagegen halten, sonst ist die ganz schnell mit einem Knall im Nachbarparker… Und bei solchen Windverhältnissen vielleicht auch nicht unbedingt Bergziege spielen. Das hochkraxeln auf die Basaltsäulen des Gerðuberg fand ich für mich schon grenzwertig, wobei es da nicht ganz so windig war.Island Saefellsnes WindJapp, so sieht richtiger Wind aus…

 

Allerkürzeste Buchstabenlehre

Falls ihr mal nach dem Weg fragen und nicht in die Irre geleitet werden wollt aufgrund sprachlicher Barrieren, hier nochmal eine ganz kurze Erläuterung der niedlichen isländischen Buchstaben. Das Alphabet in Island enthält folgende Buchstaben: A, Á, B, D, Ð, E, É, F, G, H, I, Í, J, K, L, M, N, O, Ó, P, R, S, T, U, Ú, V, X, Y, Ý, Þ, Æ, Ö.

Die müssen wir jetzt nicht auswendig lernen, weil ich eh annehme, dass manche Unterschiede in der Aussprache für uns wohl kaum wahrnehmbar sind, aber folgende kann man sich schnell merken und damit auch verständlicher nach dem Weg fragen:

Ó (klein ó) wird ausgesprochen wie ou

U wird ausgesprochen wie Ü und Ú (ú) wie U  (Ja, verwirrend, hab ich auch erst nach unserer Rückkehr gecheckt.)

Æ (æ) spricht sich wie ai

Ð (ð) und Þ (þ) wird wie das englische th gelispelt.

Außerdem haben die Isländer, wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, kein Q. Dafür wird die Folge hv wie qu gesprochen.

 

So, und nun furchtlos auf nach Island! Ihr wisst noch nicht genau wohin? Als nächstes zeige ich euch unsere Route durch die Fjorde, auf dass jedem die Kinnlade runter klappt und ihr sofort ein Ticket nach Island buchen wollt (wartet mit eurem Besuch aber lieber noch bissl bis es wieder wärmer wird, im Frühling oder so…)

 

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