Hallo Sevilla!

Herr Eule und ich hatten einen Deal: Er wollte nach Barcelona zur Designkonferenz OFFF, aber auch unbedingt dass ich mitkomme, damit er kein schlechtes Gewissen haben muss, dass er an meinem Geburtstag weg ist. Aber die Aussicht tagelang alleine in Barcelona rumzuhängen, nachdem wir ja letztes Jahr bereits dort waren, fand ich wenig verlockend. Ich kann irgendwie nicht so gut alleine irgendwo sein… Also fanden wir den Kompromiss, dass ich von Mittwoch bis Sonntag mit nach Barcelona komme, wenn wir vorher noch nach Sevilla fliegen. Ich hatte auf der BAU 2015 einen Vortrag über das Metropol Parasol gesehen und war von dem Bau so fasziniert, dass ich ihn unbedingt mit eigenen Augen sehen wollte. Schon mal vorab: es war eines der schönsten Bauwerke die ich jemals gesehen habe!

Anschauen!

Jo, ihr ahnt es schon: Das Metropol Parasol, oder auch Las Setas de la Encarnación (die Wiederauferstehungspilze…). Dahin zu gehen war auch das allererste, was wir gemacht haben, nachdem wir Sonntag Abends in Sevilla angekommen sind. Es ist einfach nur grotesk schön. Mag vielleicht auch daran liegen, dass ich Architektin bin, aber ich bin mir sicher, jeder, der sich den Bau etwas bewusster anschaut und auf sich wirken lässt, wird ebenso fasziniert sein.

Für einen geringen Eintrittspreis kann man auf die Pilze hoch fahren und auf der Konstruktion spazieren gehen. Loht sich auch auf jeden Fall! Hier bittesehr: einmal Bilderflut vom besten Gebäude der Welt!

Metropol Parasol Sevilla 5 Metropol Parasol Sevilla 4 Metropol Parasol Sevilla 3 Metropol Parasol Sevilla 2 Metropol Parasol Sevilla 1

Sevilla hat eine großartige Altstadt. Da es innerhalb der alten Stadtgrenzen ohnehin sehr eng ist und es deshalb dort so gut wie gar keine ÖPNV gibt, kann man zu Fuß die ganzen schönen Ecken erkunden.

Altstadt Sevilla Häuser Altstadt Sevilla Farben Alcazar Sevilla Straße Altstadt Sevilla Hauswand

Ihr erinnert euch noch an meine kleine (klitzekleine – oder doch ein wenig größere) Passion für Kacheln und Mosaik? Die wird in Sevilla mehr als befriedigt.

Altstadt Sevilla Hoftür Alcazar Sevilla Fenster

Vom Ayuntamiento de Sevilla, dem Rathaus, geht man Richtung Süden die wunderschöne Avenida de la Constitución runter und kommt damit auch gleich an der imposanten Kathedrale vorbei. Zwei Fliegen mit einer Klatsche so to say…

Plaza Nueva SevillaAv Constitucion Sevilla

Kathedrale Sevilla 2 Kathedrale Sevilla 1

Direkt nebenan kann man dann ins Real Alcázar, einem maurischen Palast der Mudéjar-Architektur (für Architektur-Geeks) und vor allem in die tollen Gärten, die es umgeben. Da kann man dann schon mal ein paar Stündchen verbringen. Und Kachel-Fans kommen auch ganz gut auf ihre Kosten.

Alcazar Sevilla GartenOrangenbaum Sevilla Alcazar Sevilla Teich

Ein Stück weiter Richtung Süden liegt der Maria Luisa Park mit der Plaza de España. Da kann man sich ein Paddelböötchen mieten und ne Runde durch den Kanal rudern. Vielleicht stellt ihr euch dabei auch ein wenig geschickter an als die Schülergruppe die wir beobachten mussten. Hoffentlich machen die später nicht mal was mit Mechanik… oder den Händen…

Plaza de Espana SevillaPavillon Sevilla Tafel Sevilla

Am südlichen Ende des Parks läge theoretisch das Museo de Artes y Costumbres Populares, das mich persönlich schon interessiert hätte, aber leider hatte es da irgendwie zu. Renovierungsarbeiten oder so, ich weiß nicht mehr genau. Na, vielleicht schafft ihr es ja hin und könnt mir erzählen, ob ich was interessantes verpasst habe.

Ok, jetzt komme wir zu einem sehr kontroversen Punkt: Stierkampf. Wer meine Meinung dazu wissen will, liest jetzt gerne weiter, alle anderen überspringen den nächsten Absatz

Stierkampf ist brutalste Tierquälerei und gehört deshalb verboten. Tausende von Menschen ergötzen und erfreuen sich daran, wie ein Tier stundenlang in Todesangst versetzt und mit Speeren malträtiert wird. Überlegt mal, man würde so etwas in Europa mit Hunden machen. Offizielle Hundekämpfe – ich könnte kaum das Wort fertig schreiben, schon hätte ich Millionen Hundefreunde als wütenden Lynchmob hinter mir her. Warum ist es dann mit Stieren ok? Tradition? Ich meine, dass es auch mal Tradition war Jungfrauen im Vulkan den Göttern zu opfern – oder so… Und das Tier hatte ein ganz tolles schönes Leben auf der Weide in heiterer Glückseeligkeit, viel besser behandelt als all seine Massentierhaltungskollegen? Wenn es also ein schönes Leben hatte, dann darf der Tod ruhig blutig und qualvoll sein? Verstehe ich nicht, diese Argumentation… Nein, ich bin nicht Vegetarierin, aber ja, ich will trotzdem dass Tiere ein stressfreies Leben UND einen milden Tod erwarten können. Soviel dazu…

Ganz egal ob ihr jetzt Stierkampf knorke findet oder nicht – es gehört nunmal zur Geschichte (und leider auch Gegenwart) dieser Stadt. Wir schauen uns ja auch alte Kirchen an, obwohl früher im Namen der Kreuzzüge und der Inquisition Grauenhaftes passiert ist. Wenn wir es also schaffen, den Bau und die Geschichte davon unabhängig zu betrachten und einfach als historisches Produkt nehmen, dann sollte auch der Besuch und eine Führung durch die Stierkampfarena südwestlich der Innenstadt auf dem Programm stehen. Die Arena ist nämlich tatsächlich sehr beeindruckend und schön.

Stierkampf Sevilla Arena Stierkampf Sevilla Altar

Stierkampf Sevilla Torrero

Für Architektur-Geeks und Ingenieure habe ich noch zwei heiße Brücken-Tipps: Nördlich der Innenstadt führen zwei sehr schöne Brücken über den Seitenarm des Guadalquivir. Die Puente de la Barqueta ist die weniger bekannte, aber ich habe nunmal ein Faible für abgehängte/-gespannte Drahtseilkonstruktionen. Ein wenig weiter nördlich ist dann die bekanntere, weil vom gottgleichen Santiago Calatrava im Rahmen der Expo 1992 geplante Puente del Alamillo. Abgespannte Drahtseilkonstruktion at its best!

Puente Alamillo Sevilla Puente Barqueta Sevilla

Und wo ihr ja schon mal in der Gegend seid und ich gerade eh schon die Expo erwähnte, könnt ihr gleich mal die Puente de la Barqueta überqueren und ein paar Stunden auf dem alten Expo-Gelände verbringen. Kein Glamour, kein Expo-Schick mehr zu sehen. Der Großteil des Areals ist heruntergekommen, brach und entweder ungenutzt oder schlecht instand gehalten. Aber das hat seine ganz eigene Attraktivität. Man fühlt sich teilweise fast schon in postapokalyptische Filme versetzt.

Selbstverständlich würde ich nie jemanden zu einer Straftat animieren *hüstel*, aber Leute, die vielleicht ein wenig mehr Eier haben als wir und vielleicht nicht gerade Mittwochs 12 Uhr Mittags da vorbei gehen, könnten evtl. daran interessiert sein sich einen Zugang zu einem dieser lost places zu verschaffen…

Expo Sevilla Zylinder Expo Sevilla Zaun Expo Sevilla Überdachung Expo Sevilla Brücke

Expo Sevilla Brachland Expo Sevilla Beton Expo Sevilla Ausleger

Essen!

So sehr euch das Shoppingerlebnis jetzt also enttäuscht hat: Ihr könnt euch den ganzen Frust prima weg futtern. Und das auch noch zu unschlagbar günstigen Preisen!

Selbstverständlich müsst ihr jeden Tag Tapas essen! Herr Eule und ich hatten zu zweit immer so um die sechs oder sieben verschiedene Tapa bestellt und wurden mehr als satt. In den meisten Lokalen wurden uns immer zwei bis drei gleichzeitig gebracht und dann nach und nach der Rest. Unsere absoluten Favoriten sind folgende, die sich über die Jahre herauskristallisiert haben: Patatas Bravas (Kartoffelecken mit Aioli und Tomatensauce), Pimientos de Padrón (kleine gerillte, grüne Paprikaschoten; keine Angst, die sind nicht scharf), Boquerones fritos (frittierte Sardellen) und Pan con Tomate (Getoastetes Weißbrot mit frischem Tomatenmuß).

Ganz wunderbar essen kann man z.B. im Dúo Tapas. Man könnte auch sehr toll draußen gegenüber auf dem kleinen Platz sitzen, aber dort ist es immer sehr voll und ohne Reservierung hat man keine Chance.

Noch viel famoser waren aber die Tapas (und der Wein!!!) einige Meter weiter im La Mata 24. Der Name klingt nach Ramsch-Onlineshop, die Optik lässt teures Schickimicki-Restaurant vermuten, aber in Wirklichkeit kann man einfach unfassbar gute Tapas essen und der sehr nette Kellner trifft euren Weingeschmack garantiert auch auf den Millimeter. Dazu sind die Preise echt überraschend niedrig. Famos!

Gleich neben dem Torre del Oro liegt das schlichte und schöne Café Torch Coffee Roasters. Der Kaffee ist kräftig und die Kuchen mächtig, also genau das Richtige um Energie für das weitere Sightseeing zu tanken.

Auch für Kaffee-Fans, aber genauso gut zum Frühstücken geeignet, ist das winzige Mamá Inés, das gleich um die Ecke vom Metropol Parasol in einem kleinen Innenhof liegt. Außerdem kann man selbstgemachte Kleinigkeiten, wie z.B. Marmelade und Kekse kaufen, alles ohne Konservierungsmittel oder solchen Bullshit.

Welches Lokal ihr tunlichst vermeiden solltet, ist die Bodeguita Antonio Romero, nahe der Stierkampfarena. Die Kellner sind unverschämt und arrogant und das Essen war so grauenhaft, dass es mich immernoch schaudert bei dem Gedanken daran. Die Patatas waren halb roh und die Hackfleischbällchen haben geschmeckt wie Hundefutter. Wirklich wirklich grauenhaft!

 

Einkaufen!

Eure innere Shopping Queen kann Sevilla leider nur bedingt befriedigen. Nun gut, das muss es ja auch nicht, denn Sevilla ist auch nicht gerade für seine Hipsterkeit bekannt. Man kann wunderbar shoppen gehen, aber sollte nicht viel mehr als die gängigen Modeketten erwarten. Falls ihr doch unbedingt ein wenig von eurem Urlaubsgeld los werden wollt, dann findet ihr die üblichen Verdächtigen und auch ein paar kleinere Spanische Läden in den Straßen südlich der Calle Martín Villa / Calle Laraña bis zum Ayuntamiento.

Am Place del Duque de la Victoria gibt es ab und an mal einen Flohmarkt, aber der besteht hauptsächlich aus China-Import Rücksäcken und Armbändern. Eher naja.

 

Und sonst so?

Auch wenn die Gegend dort angeblich die heißeste Spaniens ist, macht einem die Hitze nicht so richtig viel aus, denn es ist nicht besonders schwül. An unserem letzten Tag dort hatte es angeblich 28°C und ich bin stundenlang im gleißenden Sonnenlicht mit langer Hose rum gerannt und hab nur mäßig gelitten.

Ein Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel braucht ihr euch in Sevilla gar nicht erst zulegen, denn in der Innenstadt fahren so gut wie keine Autos und demnach auch kaum Busse. Die Innenstadt ist auch kompakt genug, um sie zu Fuß komplett zu erkunden, vorausgesetzt man hat eine Unterkunft, die halbwegs zentral liegt. Wenn man aufs Expogelände raus möchte empfiehlt es sich den Bus zu nehmen, aber das und die Fahrt vom/zum Flughafen sind die einzigen Gelegenheiten zu denen ihr den ÖPNV brauchen werdet.

 

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