Hallo Bretagne!

Anlässlich des 60. Geburtstags meines Schwiegerpapas wurde die Familie im Februar in die Bretagne eingeladen. Bretagne im Februar? Ja, ihr wundert euch zurecht…

Ich:”Wie ist es denn so im Februar dort?”
Schwiegermutter:”Oh, ganz fürchterlich! Es regnet pausenlos!”
Ich:”Echt jetzt?”
Eule:”Ja, aus allen Richtungen… Auch von unten!”
Das sind ja schöne Aussichten…

Das erste mal war ich im August 2011 in der Bretagne, genauer gesagt im Finistere, also dem allerwestlichsten Zipfel der Bretagne. Richtung Norden ist es nur ein Katzensprung nach England, weswegen man im nördlichen Finistere immer wieder über die “Keep-Right-Eule” stolpert, einem dezenten Hinweis an die englischen Besucher, bitte auf der rechten Straßenseite zu bleiben. Dieses Jahr waren wir im südlichen Finistere.

Eines vorweg: Die Bretagne ist schon sehr eigen – nicht schlecht, aber eigen. Einen Abenteuerurlaub darf man dort nicht erwarten. Für Surfer ist die wilde Atlantikküste ein Traum, aber viel mehr kann man da auch nicht machen… Die einzige größere Stadt ist Brest und selbst die wird in Reiseführern als “wenig charmant” bezeichnet. Also was zum Teufel will man in der Bretagne??? Nun, da kann ich euch sicher weiter helfen:

Anschauen!

Nördliches Finistere

Morlaix ist eine wirklich wunderschöne Stadt mit einem sehr beeindruckenden Viadukt und pittoresken Steinhäusern. Einfach mal nen Nachmittag Zeit nehmen und dort spazieren gehen.

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In Roscoff gibt es einen netten kleinen Hafen. Dort stellen die Fischer kleine Klapptische auf und kippen einen Berg Muscheln drauf – frischer kann man Meeresfrüchte gar nicht einkaufen! Vorher kann man noch in den Altstadtgässchen sehr schön spazieren gehen, aber die frischen Muscheln müsst ihr ganz schnell heim bringen!

Von Roscoff aus kann man auch mit der Fähre zur Île-de-Batz oder gleich bis nach Plymouth schippern. Das haben wir leider nicht gemacht. Ich bin vorher nie bei wirklich starkem Wellengang auf einem Schiff gewesen und meine Eule hatte Angst, dass ich auf der Überfahrt vier Stunden lang über der Reling hänge und mir die Seele aus dem Leib kotze. Vielleicht wagen wir es beim nächsten mal.

Im malerischen Städtchen Plouescat kann man erst durch die typisch bretonischen Gassen mit ihren Steinhäusern schlendern und dann am Strand den Surfern zusehen.

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Bei Ebbe läuft die kleine Bucht komplett leer und das Meer zieht sich weit zurück. Packt die Gummistiefel aus (sonst wirds echt frisch an den Füßchen) und geht im Meer spazieren! Aber Achtung: Bei Ebbe verstecken sich Tobiasfische im Sand, kleine silbrige Sandaale. Die sind zwar ganz harmlos, aber wenn ihr vorbei geht und sie erschreckt, springen sie aus dem Sand und das ist dann vor allem bei Dämmerlicht ganz schön gruselig (auch deshalb sind Gummistiefel sehr zu empfehlen).

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Südliches Finistere

Im Städtchen Concarneau gibt es eine winzige alte Festung auf einer Insel in der Bucht. Dort kann man schön an der Festungsmauer entlang spazieren oder in den kleinen Läden ein Souvenier kaufen (oder Kekse! Ja, die Bretonen lieben Kekse in allen möglichen Variationen!). Leider hatten die meisten Geschäfte im Februar geschlossen und machen erst zum Saisonstart im März wieder auf. Dies war im Februar überigens ein Problem auf das wir andauernd gestoßen sind…

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Der Großteil der Fischerei hat sich in den letzten Jahren nach Guilvinec verlagert. Hier kann man nachmittags ab 16:00 Uhr den Fischerbooten beim Einlaufen in den Hafen und dem Entladen zusehen. Die kleinen Fischkutter kommen in Begleitung einer riesigen Schar Möwen in den Hafen gefahren. Manch größere Schiffe sind mehrere Tage draußen und haben den Fisch auf Eis; dann entdeckt man mit etwas Glück einen großen LKW, der eine ganze Ladung Eis in die Ladeluke kippt. Aber die meisten Fischer sind nur tagsüber draußen und bringen ihre Ladung am Nachmittag in den Hafen. Beim Ausladen sitzen die Möwen auf den aufgerollten Netzen und holen sich noch ein paar Reste aus den Maschen.

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IMG_4207 Krabben_Fischer

 Im Städtchen Pont l’Abbé ist Donnerstags Markttag. Es gibt zwei kleine Marktplätze, die nur durch eine kleine Straße getrennt sind: auf dem einen gibt es Lebensmittel, auf dem anderen Klamotten, Taschen, Schuhe etc. Einfach schön, um mal ein Stündchen herum zu stöbern und vielleicht auch schon mal das Abendessen einzukaufen.

 

Essen!

Nur leckeres Zeug hier! In der Bretagne findet man an jeder Straßenecke eine Creperie. Dort gibt es die klassischen süßen Crepes, so wie wir sie kennen, mit allen möglichen Füllungen: Zimtzucker, Marmelade, Schoko und und und… Darüber hinaus gibt es noch Galettes, die sind aus dunklem Buchweizenmehl (blé noir) und herzhaft gefüllt, z.B. mit Käse, Schinken, Ei, Speck, Pilzen, usw. Für ein perfektes Mittagessen reichen eine Galette und ein Crepe. Im Supermarkt gibt es auch abgepackte Crepes und Galette, die ihr völlig ohne schlechtem Gewissen kaufen könnt! Sie sind, im Gegensatz zu den gummiartigen deutschen Produkten, auch aus der Plastiktüte genial lecker! Dazu trinkt ihr dann selbstverständlich ein schönes Glas (oder mehrere) Cidre. Ob ihr den süß (doux) oder trocken (brut) mögt, müsst ihr selbst entscheiden. Der süße, mein Favorit, hat natürlich weniger Alkoholgehalt, aber entsprechend kann man ihn runter trinken wie säuerlichen Apfelsaft. Klassischerweise wird Cidre offenbar in Tassen serviert, aber im Restaurant erhält man ihn meistens in ganz normalen Gläsern.

Ihr habt noch Hunger? Na dann ab an die Fischtheke! Wir hatten beide male in der Bretagne Ferienwohnungen und haben deshalb meist selbst gekocht. Aber wenn man darauf keine Lust hat, kann man auch selbstverständlich alles im Restaurat bestellen!

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Sehr gerne wird in der Bretagne Moule frite gegessen. Das sind Miesmuscheln mit Pommes. Ja, Pommes. Klingt erstmal seltsam, aber schmeckt saumäßig gut! Das Rezept gibts >>hier<<.

 Petoncles - Moules frites

Genauso lecker sind Crevetten. Hierzu kauft ihr einfach eine gehörige Portion der kleinen Garneelen und schmeißt sie für ca. 5 Min. in kochendes Wasser. Dazu gibts Baguette und Aioli oder Vinaigrette zum dippen. Schon ist das Abendessen fertig! Der Kopf wird einfach abgedreht, dann die Schale von der Unterseite her aufgebrochen um den Schwanz raus zu ziehen.

Keine Lust zu kochen? No problem! Die Franzosen kennen sich auch mit Kaltem gut aus! Ein wenig gesalzene Butter und ein schönes Stück Käse auf frischem Baguette sind ein großartiger Snack. Und wenn ihr irgendwann keine Lust mehr auf Käse habt, dann greift ruhig zu Rillette. Das ist klassischerweise klein geschnittenes Schweinefleisch mit Schmalz (ja, wir grüßen herzlich unsere Fettpölsterchen), aber es gibt auch Grillhühnchen- und Fischversionen. Einfach aufs Brot streichen und die Kalorien vergessen.

 

Und sonst so?

Die Bretagne ist merkwürdig. Mein Schwiegerpapa sagt, die Bretonen seinen von Natur aus schlecht gelaunt und aufmüpfig. Stimmt irgendwie. Außerdem haben sie eine merkwürdige Sprache, weswegen die Straßenschilder hier immer auf französisch und bretonisch beschriftet sind. Das liegt vor allem daran, dass sich in der Bretagne viele keltische Siedler von der englischen Insel niedergelassen hatten. Deshalb auch die Hinkelsteine (Menhire) überall und so ne Art Dudelsack als Lieblingsinstrument.

Die Bretonen haben es Jahrhunderte lang geschafft sich gegen alle Invasoren zu wehren (jaha, auch Asterix ist Bretone!) und sind erst Anfang/Mitte des 16. Jh. richtig zu Frankreich eingegliedert worden. Man hat aber das Gefühl, dass sie das immernoch nicht so ganz gutheißen…

Im Übrigen gibt es kaum eine sinnvollere Möglichkeit in die Bretagne zu gelangen als echt lange mit dem Auto unterwegs zu sein. Ernsthaft. Ihr könnt Zug fahren, aber das dauert noch länger und dann seid ihr ohne Fahrzeug in der Bretagne, was einem Selbstmordkommando gleich kommt. Ähnlich ist es mit dem Flugzeug: Ihr seid ewig unterwegs weil der einzige Flughafen in Brest liegt und wieder ohne fahrbaren Untersatz. Keinerlei Chance euch vom Fleck zu bewegen! Außer ihr nehmt euch einen Mietwagen, aber kostenmäßig könnt ihr dann eben genauso gut mit dem eigenen Auto fahren… Von uns aus München haben wir insgesamt pro Strecke knapp 14 Stunden gebraucht. Ist aber weniger schlimm als es sich anhört, wenn man unterwegs nochmal übernachtet, z.B. in Reims oder…

 

… Exkursion: Paris!

Wie jetzt? Bretagne? Paris? Naja, auf dem Weg in die Bretagne kommt man halt an Paris vorbei… Und weil man eben nicht einfach so an Paris vorbei fährt, hält man zu mindest für zwei Nächte kurz mal an. Nachdem wir wegen Feierabendstau auf der Pariser Peripherique Freitag erst spät abends angekommen sind und Sonntag früh schon wieder aufbrechen mussten, hatten wir nur den Samstag in Paris. Da wir beide vorher schon mal dort waren, war das nicht so schlimm. Aber ein paar ganz kurze heiße Tipps muss ich euch hier noch im Schnellgang präsentieren!

Montmartre: toller Stadtteil zum übernachten! Hier ist immer was los! Allerdings solltet ihr einen gesunden Schlaf haben, denn es wird nachts sehr laut auf den Straßen gefeiert!

Um den Place de Clichy herum haben wir drei großartige Orte gefunden, an denen man superlecker essen kann: Der libanesische Imbiss Aux Saveurs de Beyrouth in der Rue Biot sowie das sehr authentische und günstige japanische Restaurant Susama schräg gegenüber. Ein wenig französischer geht es in der klassisch bretonischen Creperie Pen Ty in der Rue de Douai zu. Falls ihr vom Kunst gucken im Pompidou hungrig geworden seid, dann könnt ihr nebenan in die Creperie Beaubourg gehen, in der Rue Brisemiche, direkt am Fontaine Stravinsky mit seinen (künstlerisch für mich sehr fragwürdigen) Figuren von Niki de Saint Phalle.

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