Erzähl mir von… deinem letzten Urlaub als Kind

Alle wollen vorwärts kommen. Zukunft, Kind, Karriereplan. Immer geht es um das Morgen. Aber wie war dein Leben, als du noch ein Kind warst? Wie war es als Teenager? Erzähl mal!

Larissa vom No Robots Magazine, Sabine vom fadenvogel und meine Wenigkeit tauschen jeden ersten Sonntag im Monat Erinnerungsstücke aus. Ein Thema, drei unterschiedliche Texte, drei unterschiedliche Frauen, drei unterschiedliche Leben.

Titel_Urlaub

Sabine hat diesen Monat das Thema vorgegeben und uns nach unserem letzten Urlaub als „Kind“ gefragt. Hierbei spielt nicht das Alter an sich eine Rolle, sondern die Tatsache, dass man noch nicht alleine Urlaub machen durfte oder konnte, warum auch immer.

Als ich ein Teenager war, hatten Xs Familie und meine Mama einen Deal: Die eine wurde abwechselnd in den Urlaub der anderen Familie mitgenommen. Wir waren ohnehin unzertrennlich und wurden bockig und nervig, wenn die andere irgendwohin nicht mit durfte. Also wurde ich von Xs Familie in die Berge und durch Italien mitgeschleppt, während X uns nach Griechenland begleitete. Und dort war auch mein ziemlich abgedrehter letzter Urlaub als Kind…

Es war in den Pfingstferien 1999 und ich war gerade 16 geworden, bzw. wurde es während dieses Urlaubs. X und ich hatten ein gemeinsames Zimmer, das sogar in einem anderen Gebäudeteil lag als das meiner Mama und so fühlten wir uns irre frei (ohne Komma) und erwachsen. Meine Mama trafen wir hauptsächlich morgens und abends beim Essen, aber ansonsten konnten wir eigentlich tun und lassen was wir wollten.

Was wir besonders gerne wollten, war in der Poolbar abzuhängen, denn dort mixte ein sehr schöner junger Grieche die Cocktails, ließ uns immer umsonst Billard spielen und schob uns ab und an zwinkernd einen Campari-O über den Tresen. Das lag wahrscheinlich vor allem daran, dass in dem Hotel ansonsten nur ältere Leute, Paare und Familien mit Kindern unterwegs waren.

Eines Abends, gegen Ende unserer Reise, während er die Poolbar dicht machte, schob er uns statt einem Campari-O einen Joint über den Tresen. Wow, Jackpot! Er war nicht nur der hübscheste und lässigste Barkeeper der Welt, sondern hielt uns offensichtlich auch für ziemlich cool! Wir fühlten uns geschmeichelt und liefen runter zum inzwischen dunklen und vereinsamten Strand um unsere Coolness zu bekiffen. Es war ein grauenhafter Rausch. Ich hab keine Ahnung was für ein Kraut er uns da untergeschoben hat, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man so unangenehme Räusche von Gras bekommen kann… Aber ich hätte das natürlich niemals zugegeben!

Griechenland 1

Stattdessen hielt uns Mr. Barkeeper wohl tatsächlich für ganz coole Säue, denn am nächsten Abend fragte er uns, ob wir nicht Lust hätten mit ihm nach Feierabend in einen Club zu fahren. Ja, ich weiß, als Erwachsener denkt man sich nun: WTF? Wie kann man nur so blöde sein allein mit einem wildfremden Typen Nachts in die griechische Pampas zu fahren??? Tja, jugendlicher Leichtsinn? Hey, es war mein Geburtstag und ich hatte Bock auf feiern und saufen und kiffen und darauf wild zu sein, so wie man halt mit 16 ist… Zusammen mit einem ca. 20-jährigen deutschen Paar aus dem Hotel fuhren wir also gegen Mitternacht los in besagten Club, vorher schon ordentlich angezwitschert und unterwegs dann auch noch mit einem Kiff-Zwischenstopp.

Dieser Rausch war noch schlimmer als der vom Vortag, denn ich war gleichzeitig noch massiv betrunken. Nach wenigen Minuten mussten wir anhalten und ich habe erstmal ordentlich ins Maisfeld gereihert. Peinlich… Danach versicherte ich allen, dass es mir absolut famos geht, jaja, lasst uns in den Club fahren, wird super! – Nee, wurde noch beschissener. Als erstes bin ich auf die Toilette gewankt und habe nochmal mein Innerstes nach außen gekehrt. Im Verlauf dieses Abends übrigens dann noch ein weiteres mal. Erst habe ich noch versucht ein bisschen so zu tun, als wäre alles knorke und habe ein wenig vor mich hin getanzt, aber eigentlich muss jeder blinde Affe erkannt haben, dass ich echt fertig war. Ich weiß nicht mehr genau wie lange wir in dem Club geblieben sind, aber sehr lange kann das nicht gewesen sein.

Am nächsten oder übernächsten Tag reisten wir wieder ab, was echt ganz ok war, denn sonst wäre ich vermutlich vor Scham für immer im griechischen Boden versunken… Viel blöder wurde es dann aber einige Wochen später, als nämlich eine bis heute anonyme Person bei meiner Mutti anrief und ihr steckte, dass ihre unschuldige kleine Tochter in Griechenland bekifft und betrunken mit einem fremden Barkeeper Party gemacht hatte. Heute können meine Mama und ich wieder drüber lachen (wobei ihr Lachen immernoch etwas gequält wirkt…), aber damals muss sie ihr Kind schon mit einer Heroinspritze im Arm auf einer öffentlichen Toilette vor ihrem inneren Auge gesehen haben. Sie erzählt diese Geschichte immer sehr gerne, auch in großer Runde, wenn sie demonstrieren will, was für ein schwieriger Teenager ich war. Ich nicke dazu gerne lächelnd und denke mir so: „Wenn du wüsstest…!“

Diese Geschichte hat natürlich auch eine Moral, aber die fällt mir jetzt ein wenig schwer in Worte zu fassen. Aus dem Blickwinkel meines nicht besonders coolen 16-jährigen Ichs, die einfach mal auf den Putz hauen wollte, war das alles irgendwie schon ok. Aus dem Blickwinkel meines lebenserfahreneren 33-jährigen Ichs war es zumindest naiv und dumm, aber eigentlich echt gefährlich, von und mit wildfremden, wesentlich älteren Leuten Drogen zu nehmen, zu saufen und auf irgendwelche Parties in der griechischen Pampas mitgenommen zu werden. Hätte auch anders ausgehen können. Und auch wenn ich die heftige Reaktion meiner Mutter damals echt übertrieben fand, kann ich sie heute irgendwie doch ein bisschen verstehen (ich betone: ein bisschen).

Aber schau mal Mama: trotz griechischem Gras bin ich ja doch noch was vernünftiges geworden 😉

 

Fotos: Pixabay
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